Besonderheiten des Faches Religion


Im Unterschied zu den übrigen Unterrichtsfächern wird Religion nicht wertneutral unterrichtet, denn Religion findet nicht nur auf der kognitiven Ebene statt, sondern wird existentiell gelebt. So ist der Religionslehrer ausdrücklich dazu aufgefordert, seine religiöse Überzeugung in den Unterricht einzubringen, damit den Schülerinnen und Schülern dadurch auch der existentielle Zugang (bzw. die existentielle Abgrenzung) ermöglicht wird.

Darum wird in Deutschland die Religion von der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben verantwortet. Eine Religionsgemeinschaft, die entweder zu klein ist oder sich uneinheitlich organisiert, bekommt vom Staat keine Bewilligung, den Religionsunterricht an einer öffentlichen Schule zu erteilen. Interessant ist, dass Religion als einziges Schulfach im Grundgesetz (GG Artikel 7) verankert ist und verpflichtend unterrichtet werden muss.

Die jeweilige religiöse Überzeugung entfaltet sich nicht nur privat und individuell, sondern sie wirkt sich auch gesellschaftsgestaltend sozial und politisch aus. Die Religionsfreiheit beinhaltet, dass die Schülerinnen und Schüler an einer staatlichen Schule nicht religiös vereinnahmt oder gar weltanschaulich vereinheitlicht werden dürfen. Als freie Individuen mit eigener religiöser Prägung (sei sie nun atheistisch, christlich, islamisch, …) lernen die Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht, ihre eigene Sichtweise zu reflektieren, indem sie Hintergründe aufgezeigt bekommen und weitere existentielle Sichtweisen kennenlernen, um dann zu überlegen, wie sich die unterschiedlichen Glaubens- und Wirklichkeitsauffassungen auf das individuelle Leben und auf das zwischenmenschliche Miteinander auswirken.

Weiterreichende Relevanz des Faches

Angesichts der zahlreichen Konflikte, die in der Welt religiös-weltanschaulich begründet werden, gewinnt das Fach zusätzlich Relevanz. Im Unterricht wird untersucht, welche Ängste, Motivationen, Hoffnungen und Ziele das Denken und Handeln bestimmen können und es werden die menschlichen Grundfragen nach Gott, Freiheit, Sinn und Ewigkeit erörtert. Angesichts der Vielfalt der resultierenden, für den Menschen
relevanten Themen wird verständlich, warum sowohl im evangelischen als auch im katholischen Religionsunterricht neben der theologischen Perspektive des Glaubens auch geschichtliche, psychologische, ethische und philosophische Fragestellungen und Themenkomplexe in den Blick genommen werden müssen. So entwickeln die Schülerinnen und Schüler im Lauf ihrer Zeit an der Oberstufe eine Kompetenz, Lebensfragen, die sie direkt oder indirekt angehen, zu stellen und aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und zu kommunizieren.

Überblick über die Inhalte der Halbjahre

E1 – Bewusstmachung der Vielfalt von religiös-weltanschaulichen Wirklichkeitsdeutungen
E2 – Einführung in biblische Hintergründe und Deutungsmodelle von Wirklichkeit
Q1 – Jesus Christus und seine Botschaft als Zentrum der christlichen Deutung
Q2 – Diskussion der Gottesfrage aus christlicher, religionskritischer und philosophischer Sicht
Q3 – Begründungszusammenhänge für das christliche Menschenbild und ethisches Handeln
Q4 – Perspektiven des christlichen Glaubens im globalen Wandel von Gesellschaft und Zeit


Natürlich kann man die Schülerinnen und Schüler nicht zwingen, an einem konfessionell geprägten Religionsunterricht teilzunehmen. Darum ist ihnen die Möglichkeit gegeben, das Fach abzuwählen. Im Falle der Abwahl müssen die Schülerinnen und Schüler am Ethikunterricht teilnehmen. Entscheidend wichtig bei dieser Überlegung ist, dass man diese Entscheidung mit Blick auf das Abitur nicht rückgängig machen
kann. Zwar ist es möglich, von Ethik zurück in den Religionsunterricht zu wechseln, doch muss man eines der beiden Fächer in der Zeit der Oberstufe durchgängig belegt haben, um sich im Abitur prüfen lassen zu können.
Da 40 bis 60% unserer Schüler Religion als Prüfungsfach wählen, ist die Entscheidung, ob man Religion abwählt, nicht leichtfertig zu treffen. Unabhängig davon, ob man Religion/Ethik im Abitur in der Endnote für das Abitur anrechnen lässt, erscheint die Note des Faches im Abschlusszeugnis.