Das Fach Geschichte in der Oberstufe: Vom Nebenfach zum Pflichtfach

„Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“  George Santayana, The Life of Reason, Vol. I, Chapter 12, 1905

Wesen und Zielsetzung des Geschichtsunterrichts in der Oberstufe

Geschichte ist in der Oberstufe eines der Pflichtfächer, die durchgehend von der Einführungsphase bis zum Abitur belegt werden müssen. Das Fach will dabei die Entwicklungen und Prozesse aufzeigen, die zur Herausbildung und Entstehung unserer eigenen Gegenwart geführt haben. Dabei wird deutlich, dass Geschichte ein komplexes Gebilde ist und dass sich Ereignisse nie nur auf eine Ursache zurückführen lassen.

Diese Zielsetzung hat im Zeitalter von Fake News, Rechtspopulismus und dem relativierenden Umgang mit der Vergangenheit mehr denn je ihre Berechtigung. Unsere Aufgabe als Fachschaft Geschichte besteht also vor allem darin, unsere Schülerinnen und Schüler zu einer bewussten und kritischen Auseinandersetzung mit der Gegenwart und ihren historischen Entstehungsfaktoren zu befähigen.

Eine ganz zentrale Rolle spielt dabei das Wachhalten der Erinnerung an den Holocaust, dessen wir u.a. mit einer jährlichen Veranstaltung gedenken. Neben Zeitzeugengesprächen findet zudem alle zwei Jahre für die Leistungskurse der Q3 eine Fahrt nach Auschwitz statt, bei der die Schülerinnen und Schüler sich vor Ort mit dem Grauen des Völkermords auseinandersetzen.

In ähnlicher Weise widmen wir uns auch der Aufarbeitungder DDR und ihrer Geschichte, indem wir entsprechende Exkursionen durchführen, Gespräche mit Zeitzeugen veranstalten oder dokumentarische Ausstellungen in die Schule holen.

Was ist anders als im Geschichtsunterricht der Mittelstufe?

Der höhere Stellenwert des Faches in der Oberstufe lässt sich schon an der Stundenzahl ablesen, die sich von zwei in der Einführungsphase auf drei in der Qualifikationsphase erhöht; der Leistungskurs wird sogar drei- bzw. fünfstündig unterrichtet. Aber auch inhaltlich findet im Vergleich zum eher überblicksartig angelegten Geschichtsunterricht in der Sekundarstufe I eine andere Akzentuierung statt.

In der Sekundarstufe II rücken die Begegnung mit Quellen und ihre Auswertung mehr in den Mittelpunkt des Unterrichts, sodass eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Geschichte stattfindet. Dabei wird nicht nur ein Mehr an Schriftlichkeit gefordert, sondern auch in zunehmendem Maße mehr Eigenständigkeit und Selbstverantwortung verlangt.

Diese Beschäftigung mit den Quellen folgt in der Regel immer dem gleichen Vorgehen, denn zunächst wird die Aussage des Materials erfasst, dann wird sie in den historischen Zusammenhang eingeordnet und schließlich erfolgt noch eine eigene begründete Stellungnahme der Schülerinnen und Schüler.

Die Bewältigung dieser Aufgaben macht natürlich eine breitere Faktenbasis erforderlich, für die unser Schulbuch neben abwechslungsreichen Materialien auch verständliche Darstellungstexte anbietet. Ergänzend kommen außerdem Tondokumente, Filme und Dokumentationen zum Einsatz, die die Vergangenheit noch anschaulicher machen.

Auf der Grundlage des Unterrichts werden neunzigminütige Klausuren (1 pro Halbjahr in der E-Phase, 2 ab der Q-Phase) geschrieben, die dem o.g. Dreischritt der Zusammenfassung, der geschichtlichen Verortung und der diskursiven Stellungnahme folgen. Damit erfolgt gleichzeitig die Vorbereitung auf das schriftliche Abitur, bei dem durch den jeweiligen Einführungserlass eine inhaltliche Schwerpunktsetzung erfolgt; der wesentliche Unterschied zu den vorangehenden Klausuren besteht darin, dass es einen halbjahrsübergreifenden Bezug gibt.

Was sollte man sonst noch wissen?

Im Grundkurs müssen verpflichtend die Halbjahre Q3 und Q4 in die Abiturwertung miteingebracht werden, d.h. die Noten aus diesen beiden Halbjahren entscheiden mit über die Abiturgesamtnote, auch wenn man Geschichte nicht als Prüfungsfach auswählen möchte. Wenn man sich für Geschichte im Abitur entscheidet, werden natürlich alle 4 Halbjahre der Qualifikationsphase gewertet.

Zeitlich schlagen wir in der Oberstufe die Brücke von der Antike bis zur Gegenwart; dabei umfasst allerdings die Einführungsphase schon die Zeit bis zur Französischen Revolution. Dementsprechend werden in der Q1 und Q2 das 19. Jahrhundert, die Weimarer Republik und die nationalsozialistische Diktatur thematisiert. Die Q3 widmet sich der Entwicklung seit 1945, wobei mit der Dekolonisation auch außereuropäische Ereignisse in den Blick genommen werden. Zum Ausklang betrachten wir in der Q4 schließlich unter den Aspekten der Geschichtskultur, der Erinnerungskultur und der Geschichtspolitik den Umgang mit Geschichte und spannen damit den Bogen zum Verständnis der eigenen Gegenwart.

Für weitere Details verweisen wir auf das Kerncurriculum Geschichte für die gymnasiale Oberstufe, das Sie auf der Seite des Hessischen Kultusministeriums herunterladen können.

Außerdem stellen wir hier eine Präsentation über das Fach Geschichte an unserer Schule sowie Materialien, Links und Fragen für eine Beispielstunde zur Verfügung.

Wenn es darüber hinaus noch Fragen geben sollte, stehen die Mitglieder der Fachschaft gerne jederzeit zur Verfügung.